Lehrstuhl für Thermische Verfahrenstechnik (TVT)

Mikrokontaktor für Extraktion und Permeation

Kontakt

Dipl.-Wirtsch.-Ing. Stefan Willersinn

 

Zusammenfassung

Nach dem aktuellen Arbeitsprogramm 2014-2015 der EU im Zuge der Horizont 2020 Initiative ist die Aufarbeitung wertvoller (metallhaltiger) Prozessströmen mit neuen Herausforderungen verbunden, z.B. dass diese in immer niedrigeren Konzentrationen vorliegen. Das tendenziell ressourcenarme Europa setzt somit auf die sekundäre Rohstoffgewinnung. Insbesondere strategisch wichtige Metalle (u.a. Edelmetalle und Seltene Erden) spielen hierbei eine besondere Rolle. Die zurzeit teilweise noch nicht wirtschaftlichen Recyclingverfahren können in einigen Jahren, bei steigenden Rohstoffpreisen, eine wichtige Versorgungsquelle, unabhängig von Importen darstellen und Europa als Innovationsstandort stärken. Einen vielversprechenden Ansatz zur Prozessintensivierung und Aufarbeitung stark verdünnter Wertstoffströme bietet hierbei ein mikrostrukturiertes Apparatekonzept, welches - bedingt durch die vorherrschenden Längenskalen - kürzere Diffusionswege und eine höhere Kontaktfläche pro Volumeneinheit aufweist. Seit Jahren wird die Flüssig-Flüssig-Extraktion als hydrometallurgisches Verfahren zur Aufarbeitung von Metallionen im industriellen Maßstab genutzt. Im vorliegenden Forschungsprojekt soll dieses Konzept nun auf den mikrostrukturierten Maßstab übertragen werden. Betrachtet wird allerdings eine dispersionsfreie Kontaktierung - im Gegensatz zu traditionellen Verfahren wie Mixer-Settler oder Extraktionskolonnen. Hierbei werden metallische Strukturen zur physischen Phasentrennung im Mikrokanal eingesetzt. Der Phasenkontakt erfolgt abhängig von den Benetzungseigenschaften an den Porenrändern der Metallstruktur. Die hydrodynamischen Betriebsgrenzen sind durch den transmembranen Druck (Laplace-Druck) determiniert, wobei ein leichter Überdruck der nicht-benetzenden Phase notwendig ist, um ein Ausbluten zu verhindern. Der Gesamtstofftransportkoeffizient des reaktiven Stofftransportes setzt sich nach dem Widerstand-in-Serie-Modell aus diffusiven Filmwiderständen, dem Membranwiderstand und einem Reaktionswiderstand an der Phasengrenzfläche zusammen. In experimentellen Untersuchungen werden die einzelnen Widerstände quantifiziert und verschiedene (diffusions-, reaktions- oder gemischtkontrollierte) Extraktionsregimes durch gezielte Manipulation der Versuchsparameter angefahren. Es sollen somit grundlegende Kenntnisse zur intrinsischen Kinetik an der Phasengrenzfläche gewonnen werden. Um den Lösungsmittelkreislauf zu schließen, werden auch Verfahren zur Reextraktion (Stripping) dargestellt. Ein weiterer Aspekt ist das Konzept der Flüssigmembranpermeation, das auch im Mikrokontaktor implementiert wird. Hierbei wird mit einer Wasser-in-Öl-Emulsion extrahiert. Bei diesem Verfahren findet somit Extraktion und Stripping gleichzeitig statt. Natürlich kann die gesamte Methodologie auch auf andere interessante Wertstoffe übertragen werden, wie z.B. chirale Separationen von Arzneistoffen, also wertvolle Produkte bei niedrigem bis moderatem Durchsatz, der natürlich bei mikroverfahrenstechnischen Ansätzen beschränkt ist.