Ultrahochzyklische Ermüdung nanobainitischer Stähle
Ansprechpartner: M. Sc. Bali Nagya Regmi
Gegenstand des Forschungsvorhabens ist das Versagen von nanobainitischen Stählen unter ultrahochzyklischer Ermüdungsbeanspruchung (very high cycle fatigue, VHCF). Nanobainitische Stähle stellen eine neue Stahlklasse dar, die das Potenzial für hohe Wechselfestigkeiten auch bei sehr langen Lebensdauern besitzt. Generell versagen hochfeste Stähle bei sehr langen Ermüdungsbeanspruchungen teilweise auch unterhalb der klassischen Wechselfestigkeit. Dieses späte Versagen bei niedrigen Beanspruchungen ist häufig mit einer veränderten Morphologie auf der Ermüdungsbruchfläche verbunden: Im Rissausgangsbereich, der bei hochfesten Stählen oft an nichtmetallischen Einschlüssen liegt, treten rauere Oberflächen auf als bei kürzeren Lebensdauern. Diese rauere Oberfläche korreliert mit einer lokal verfeinerten Kornstruktur, der feinkörnigen Zone (fine granular area, FGA), die ausschließlich Korngrößen unterhalb von 100 nm umfasst und somit viel feiner ist als die ursprüngliche Mikrostruktur. Die Kornfeinung senkt den Schwellenwert des Spannungsintensitätsfaktors für Rissausbreitung, was nach unserer Hypothese die Reduktion der Wechselfestigkeit zur Folge hat. Die hierarchische Mikrostruktur nanobainitischer Stähle umfasst als kleinste Gefügeelemente abwechselnde ferritische und austenitische Lamellen mit einer Dicke von nur wenigen 10 nm, was zu einer sehr hohen statischen Festigkeit dieses Stahlzustandes führt. Ob diese feine Mikrostruktur bei VHCF-Beanspruchung stabil ist und somit keine FGA-Bildung zulässt, wurde bisher nicht untersucht. Dies könnte eine Unempfindlichkeit dieser hochfesten Stahlklasse gegenüber VHCF-Versagen bei reduzierten Beanspruchbarkeiten begründen. Im Rahmen des Projekts werden daher nanobainitische Stähle in drei verschiedenen Wärmebehandlungszuständen auf ihr VHCF-Verhalten hin untersucht. Zusätzlich zur Ermüdungsprüfung liegt der Schwerpunkt auf der Charakterisierung der Bruchflächen in Bezug auf eine potenzielle FGA‑Bildung.
Je nach Ergebnis dieser Arbeiten kann später eine genauere Untersuchung der mikrostrukturellen Gefügebestandteile erfolgen, die zu einer erhöhten Stabilität gegen VHCF-Beanspruchung beitragen. So könnten belastbarere und nachhaltigere Stahlzustände für Bauteile entstehen. Es ist zu erwarten, dass neben Erkenntnissen zur Weiterentwicklung der Stähle auch neue Einblicke in die Entstehungsbedingungen für FGA gewonnen werden, über die weiterhin kontrovers diskutiert wird.

Probe Nanobainitischer Stahl für VHCF-Ermüdungsversuch

REM (Rasterelektronenmikroskop)-Aufnahme der Bruchfläche einer nanobainitischen Probe