Reibmomentprüfstand

Reibmomentprüfstand für komplexe Belastungszustände

Wälzlager unterliegen in vielen Anwendungen komplexen Beanspruchungen, die sich aus der äußeren Belastung, den Bauteilverformungen und den sich am Lager einstellenden Schiefstellungen ergeben. Die durch Schiefstellung zwischen Innenring und Außenring veränderte Kinematik im Lager beeinflusst die Lastverteilung und die an den inneren Lagerkontakten entstehenden Reibkräfte. Äußerlich resultiert ein erhöhtes Reibmoment infolge der Änderung der inneren Belastungs- und Bewegungsverhältnisse.

Durch die zunehmende Leistungsdichte in modernen Getrieben nehmen Lagerkräfte und Verformungen der Getriebeelemente zu. Dies führt zu noch größeren und komplexeren  Beanspruchungen von Wälzlagern. Bei der zeitgemäßen System- und Komponentenauslegung müssen erweiterte Betriebszustände wie Schiefstellung der Lagerkomponente und ihre Auswirkung auf das Betriebsverhalten einer Lagerung Berücksichtigung finden.

Um die in der Praxis auftretenden komplexen Beanspruchungen experimentell wirklichkeitsgetreu nachzubilden und zu analysieren, ist eine Prüfeinrichtung am Lehrstuhl für Maschinenelemente und Getriebetechnik (MEGT) der TU Kaiserslautern entwickelt worden (Bild 1). Die zu ermittelnde globale Lagerreaktion Reibmoment kann dabei unter der Wirkung einer kombinierten Lagerbelastung und zusätzlicher Lagerschiefstellung erfasst werden. Die Schiefstellung zwischen Welle und Gehäusebohrung kann dabei unabhängig von der Lagerbelastung eingestellt werden.

Bei der Konstruktion der Versuchseinrichtung wurde eine modulare Bauweise angewendet. Der modulare Aufbau bietet den Vorteil einer flexiblen Handhabung sowie Erweiterung auch im Hinblick auf andere experimentelle Untersuchungen an Wälzlagern. Der Prüfstand (Bild 1 und 2) besteht im Wesentlichen aus Reibmomentmodul, Belastungsmodul, Verkippungsmodul, Grundplatte und Antriebs- bzw. Prüfwelle. In der Prinzipskizze ist eine „fliegende“ Prüflageranordnung dargestellt, aufgrund des modularen Aufbaus des Prüfstandes sind Untersuchungen von beliebigen Anordnungen des Prüflagers möglich.

Das Prüflager ist in einem hydrostatischen Universallager (Reibungswaage) nahezu reibungsfrei abgestützt. Die Axial-, Radialsteife bis 6000 N/µm und Momentensteife bis 50000 Nm/mrad gewährleisten die Messung von Reibmomenten unter komplexer Lagerbelastung.

Durch die Verwendung von paarweise eingebauten Hochgenauigkeitslagern in O-Anordnung kann eine radiale Last bis 70 KN bei einer Drehzahl bis 12.000 min-1 in die Antriebswelle eingeleitet werden.

Die axiale Belastung des Prüflagers erfolgt nahezu verlustfrei über paarweise eingebaute Hochgenauigkeitslager in Tandem-Anordnung.

Im Verkippungsmodul kann die Antriebswelle stufenlos verkippt (Schwenkwinkel S=0°, s. Bild 3) und/oder verschränkt (Schwenkwinkel S=90°, s. Bild 3) werden. Mittels einer Kombination aus Dreh- und Linearführung kann das Wellenende um den Drehpunkt im Prüflager verlagert bzw. ausgelenkt werden. Somit können im Prüflager Kipp- und Schränkwinkel im Bereich ±3° realisiert werden.

Der Antrieb der Prüfwelle erfolgt über einen regelbaren Drehstrom-Asynchronmotor (30 KW), der Drehzahlen bis 8.000 min-1 ermöglicht. Die Leistungsübertragung und die Übersetzung für einen Prüfdrehzahlbereich von n = 0...12.000 min-1 übernimmt ein Keilriementrieb mit Mehrfachprofil.

Die Schmierung des Prüflagers kann mit unterschiedlichen Verfahren wie Fett- und Ölumlaufschmierung erfolgen. Die eigenentwickelte Labyrinthdichtung ermöglicht die Messung des Lagerreibmomentes bei unterschiedlichen Ölständen und Verkippungs- bzw. Schränkwinkeln. Mit Hilfe einer Zentral-Ölumlaufanlage kann die Temperatur  von Schmierstoff und Prüflager (im Prüfraum) zur Veränderung der Betriebsviskosität eingestellt werden.

In Bild 4 sind experimentelle Ergebnisse zum Reibmoment eines Zylinderrollenlagers bei einer Drehzahl von 1000 min-1 und verschiedenen Kipp- und Schränkwinkeln abgebildet. Nähere Informationen siehe Literatur.

Literatur

  • Aul, E.; Sauer, B.: Experimentelle Untersuchung des Einflusses der kombinierten Belastung und der Schiefstellung auf das Reibmoment von Wälzlagern, GfT-Tagung Göttingen 2005, Tagungsband