Eröffnung des neuen Laboratoriums für Computertomografie
Im September 2021 wurde das neue Laboratorium für Computertomografie am Lehrstuhl für Mechanische Verfahrenstechnik von Prof. Sergiy Antonyuk und Dr.-Ing. Kai Nikolaus in Betrieb genommen (Abb. 1).
Das Kernstück des Laboratoriums ist der Computertomograf TomoScope L der Firma Werth Messtechnik GmbH. Dieses Forschungsgroßgerät wurde mit Unterstützung von Prof. Jörg Seewig (MTS), Prof. Tilmann Beck (WKK) und Prof. Eberhard Kerscher (AWP) beantragt und durch die Deutschen Forschungsgemeinschaft und das Land Rheinland-Pfalz gefördert. Das Forschungsgroßgerät wird in den nächsten Jahren in Kooperationsprojekten mit diesen Partnern und weiteren Arbeitsgruppen des Fachbereiches Maschinenbau und Verfahrenstechnik sowie anderen Forschungsinstituten der Technischen Universität Kaiserslautern intensiv eingesetzt.
Der Computertomograf ist mit einem Dualröntgenröhrensystem aus zwei Transmissionsröhren (160 kV und 240 kV) mit jeweils kleinen Brennflecken (minimaler Brennfleckdurchmesser: 0,5 µm und 1,5 µm) sowie einem hochauflösenden, großflächigen Detektor (ca. 400 mm x 400 mm mit 4000 x 4000 Pixel) ausgestattet (Abb. 2). Diese Konfiguration ermöglicht eine hohe, nachgewiesene Detailerkennbarkeit von Strukturen ≥ 1,1 µm und eine große Flexibilität zur Vermessung von Materialien verschiedener Dichten und Probedicken (z.B. Aluminium, Stahl, Titan, Keramik, Elastomere, Hybrid-Kunststoffe, glasfaserverstärkte Kunststoffe, etc.). Die Abmessungen des großen Prozessraumes (Breite: ca. 1100 mm, Tiefe: ca. 1100 mm, Höhe: ca. 950 mm) und die hohe maximal zulässige Werkstückmasse des luftgelagerten Probetisches von bis zu 40 kg erlauben es, im Gerät kleinere Versuchsanlagen betreiben und quasidynamische In-situ-Aufnahmen vornehmen zu können. In diesem Zusammenhang ist auch eine Multifunktions-Schnittstelle mit Anschlüssen für Druckluft, Stromversorgung, Netzwerkanbindung und Datenübertragung (BNC, M12, USB) innerhalb der Strahlenschutzumhausung des Gerätes vorgesehen.
Der TomoScope L ist darüber hinaus ein Multisensor-Koordinatenmessgerät. Dadurch ist nicht nur eine präzise dreidimensionale Messung von Bauteilen mit einer maximalen Antastabweichung von MPE E = (4,75 + L/75) µm (Angaben gemäß der Richtlinie VDI/VDE 2617 Blatt 13) möglich, sondern auch eine Erfassung des gesamten Probekörpers in einem vordefinierten Koordinatensystem. Diese Eigenschaft ist vorteilhaft z.B. zur lokalen Steigerung der Strukturauflösung von Teilbereichen des Messvolumens oder zur Rastertomografie bei der Vermessung relativ großer Werkstücke oder Proben. Diese Messungen können vorgenommen werden, ohne dass die Positionierung der Probe geändert werden muss, weil die geometrischen Messpunkte der Probe zu jedem Zeitpunkt im Koordinatensystem vorliegen. Die Eigenschaft der Multisensorik des TomoScope L bietet zudem weitreichende Möglichkeiten bei der Implementierung zusätzlicher Messsysteme, die in Kombination mit der tomografischen Messung arbeiten können. So ist im TomoScope L ein optoelektronischer, berührungsloser Weißlicht-Distanzsensor zum Fokussieren auf Oberflächen integriert, der eine maximale Antastabweichung MPE (in Anlehnung an ISO 10360 bzw. VDI VDE 2617) von 0,75 µm (für punktweises Antasten) bzw. 1,5 µm (für den Scanningbetrieb) aufweist und Messwerte im selben Koordinatensystem wie die tomografische Messung liefert (Abb. 2).
Im Zentrum der Messungen am Lehrstuhl für Mechanische Verfahrenstechnik stehen Strukturen im Mikrometerbereich. Diese hochaufgelösten Messungen erfordern lange Aufnahmezeiten (mit geringer Röntgenleistung zum Erreichen der minimalen Brennfleckgröße), die häufig mit einem geringfügigen aber unerwünschten Drift des Gerätes oder der Probe verbunden sind. Die im TomoScope L durch Hard- und Software integrierte Drift-Korrektur bei Langzeitmessungen gewährleistet eine hohe Genauigkeit und Schärfe der Messung, die insbesondere bei mikrostrukturellen Proben ein entscheidender qualitativer Faktor sein kann. Ein weiteres spezifisches Merkmal des TomoScope L ist die aktive Gerätekühlung mit Laborkühlwasser, die sowohl den Detektor und die beiden Röntgenröhren als auch den kompletten Messraum des Gerätes erfasst. Diese umfangreiche Gerätekühlung ist insbesondere bei Langzeitmessungen von Mikrostrukturen notwendig, um eine Verringerung der Messunsicherheit durch eine stabile Temperaturkontrolle zu erreichen.