Projektfinanzierung
Das Projekt "5G - Einsatz in der Industrie" wird vom
Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)
und dem Land Rheinland-Pfalz finanziert.
Projektlaufzeit: 20.11.2020 - 30.09.2022
Fördervolumen: ca. 790.000€
Gesamtvolumen: ca. 830.000€
Projektübersicht
Im Projekt "5G - Einsatz in der Industrie" arbeiten die Lehrstühle Funkkommunikation und Navigation, Werkzeugmaschinen und Steuerungen und Augmented Visiondaran, die Einsatzmöglichkeiten der 5G-Technologie im industriellen Umfeld aufzuzeigen. Das Projekt umfasst die folgenden Punkte:
- Aufbau von 5G-Infrastruktur im Innenbereich der SmartFactoryKL
- Aufbau eines Moduls mit Roboterarm und dessen flexible Integration in eine der SmartFactoryKL-Demoanlagen, der Datenverkehr wird über 5G realisiert
- Umsetzung von tragbaren Notaus-/Zustimmeinrichtungen mit Positionsbestimmung per UWB
- Drahtlose Anbindung von AR-Datenbrillen an einen Edge-Server zur Auslagerung von Rechenoperationen
Veröffentlichungen
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Motivation
Die Vernetzung von Produktionsanlagen ist ein Kernthema des Industrie 4.0 Gedankens. Der Spagat zwischen Effizienzsteigerung in der Fertigung bei gleichzeitig sinkenden Losgrößen für maßgeschneiderte Produkte soll durch flexible und modulare Fertigungseinheiten erreicht werden. Die Funktechnologie 5G besitzt das Potenzial, eine Schlüsseltechnologie für dieses Vorhaben zu sein. Werden kabelgebundene Datenströme an Maschinen durch drahtlose Kommunikation ersetzt, lässt sich ein großes Maß an Flexibilität gewinnen. Durch eine zusätzliche Modularisierung von Fertigungseinheiten kann so schnell und effizient auf veränderliche Fertigungsanforderungen reagiert werden.
Der Datenaustausch zwischen verschiedenen Ebenen des Unternehmens, Anlagenteilen oder auch einzelnen Maschinenkomponenten wie Sensoren und Aktoren stellt jedoch besondere Anforderungen an die Qualität der Kommunikation. Je nach Prozess müssen Informationen innerhalb von kürzester Zeit ihrem Empfänger mitgeteilt werden, um etwa synchrone Bewegungen realisieren zu können. Verspätete Daten können in manchen Fällen nicht mehr verwendet werden und müssen als veraltet verworfen werden. Dies kann bis zu einem ungewollten Anlagenstillstand führen, der immer auch finanziellen Schaden bedeutet.
Durch jahrzehntelange Entwicklung haben hochzuverlässige drahtgebundene Netzwerktechnologien Einzug in die Produktion gehalten, die weiche oder auch harte Echtzeitkommunikation mit sehr kurzen Zykluszeiten sogar für sicherheitskritische Anwendungen ermöglichen. Durch das Mitwirken der Industrie bei der Spezifikation des 5G-Standards wird es möglich, die etablierten und notwendigen Netzwerktechniken im großen Stil auf drahtlose Kommunikation anzuwenden ohne dabei Kompromisse bei den Themen Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit oder Verzögerung eingehen zu müssen.
Dazu bietet die 5G-Technologie drei sog. Network Slices an, die für verschiedene Anwendungsszenarien optimiert sind:
- Enhanced Mobile Broadband (eMBB) für hohe Datenraten
- Massive Machine Type Communication (mMTC) für viele Teilnehmer mit geringen Datenraten auf engem Raum
- Ultra-reliable and Low Latency Communication (uRLLC) für zuverlässige Verbindungen mit geringer Latenz
Neben der drahtlosen Vernetzung von Fertigungseinheiten ist es mit der 5G-Technologie außerdem möglich, rechenintensive Prozesse wie z. B. Bilderkennung oder KI-Algorithmen auszulagern und auf Edge-Computern durchzuführen. Ein Anwendungsgebiet ist dabei das Thema Augmented Reality, das im industriellen Kontext für Aufgaben wie Inbetriebnahme, Instandhaltung, Montage oder Diagnose verwendet werden kann. Eine visuelle Unterstützung basiert dabei auf der Erkennung der Umgebung durch einen Videostream mit hoher Datenrate und der Einblendung von Informationen an bestimmten Stellen, wie etwa Hinweise zur Montage von Teilen. Die komplexen Berechnungen können mithilfe der 5G-Technologie an einen leistungsstarken Rechenknoten im Netzwerk gesendet, dort effizient verarbeitet und drahtlos wieder zurück an die Datenbrille gesendet werden. Somit kann die Hardware der Datenbrille kleiner und energieeffizienter ausgelegt werden, um den Tragekomfort zu erhöhen. Auch hier ist eine kurze Latenz erforderlich, um die sog. Motion Sickness beim Tragen einer solchen Brille zu reduzieren.
Ansatz
Die 5G-Infrastruktur
Im Projekt "5G - Einsatz in der Industrie" wird ein eigenes Campusnetzwerk (Stand-Alone) basierend auf der 5G-Technologie ohne Anbindung an das öffentliche Netz aufgebaut. Die Installation im Innenraum der SmartFactoryKL und die Verwendung des für industrielle Zwecke reservierten Frequenzbands von 3,7-3,8 Ghz bilden den Anwendungsfall eines Industrienetzes ab. Mit dieser Netzwerkstruktur ist man in der Lage, geringere Latenzen zwischen den Netzwerkteilnehmern wie Sensoren, Aktoren, Steuerungen und Edge-Computern zu realisieren, als in einem öffentlichen (Non-Stand-Alone) Netz möglich ist.
Ausgehend von dieser Infrastruktur wird ein flexibles Fertigungsmodul aufgebaut, das in eine bestehende Demonstrationsanlage der SmartFactoryKL integriert wird. Die Anlage verdeutlicht aufgrund ihres Aufbaus und der Funktionsweise verschiedene Aspekte moderner und flexibler Abläufe in der Fertigung von kundenspezifischen Anpassungen an einem Produkt. Das neue Fertigungsmodul besteht aus mehreren Teilen:
Die Modul-Plattform
Als Basis für das Modul wird ein Grundgerüst auf Rollen verwendet. Es bietet neben der physischen Schnittstelle zur Demonstrationsanlage ausreichend Platz für die Montage von Komponenten im Inneren und auf der Oberseite. Da die gesamte Kommunikation über 5G stattfindet, wird nur ein Kabel für die Stromversorgung benötigt.
Der Roboterarm
Auf der Plattform wird ein Knickarmroboter mit 6 Freiheitsgraden installiert, der mithilfe eines Endeffektors Aufgaben an Werkstücken ausführen kann, die über ein zentrales Logistiksystem angeliefert werden. Er ist direkt mit der Steuerungseinheit verbunden.
Die Steuerung
Die Robotersteuerung befindet sich im Inneren der Plattform und dient als Schnittstelle zwischen Leitebene und Roboterarm. Zur Leitebene wird über 5G kommuniziert, um Datenkabel beim Anschluss des Moduls zu vermeiden. Dem Roboterarm werden von der Steuerung Befehle für die Ausführung von Bewegungen und Manipulation mit dem Endeffektor erteilt. Da Roboter grundsätzlich gefährlich für den Menschen sind, übernimmt die Steuerung zudem wichtige Sicherheitsfunktionen wie etwa Not-Halt, die Erkennung kritischer Zustände oder auch die Überwachung von Sicherheitseinrichtungen.
Das Handbediengerät
Für die Einrichtung und Konfiguration eines Roboters wird ein Handbediengerät verwendet. Neben der grafischen Nutzerschnittstelle besitzt es Sicherheitseinrichtungen wie einen Not-Aus-Knopf, Zustimmtaster und Betriebswahlschalter. Diese sonst hart verdrahteten Signale werden hier mit einem Feldbusprotokoll per 5G übertragen, in dessen Nutzdaten ein Safety-Protokoll integriert ist. Durch Mechanismen wie beispielsweise redundante Datenübertragung oder Prüfsummen der Datenpakete kann eine Kontrolle der sicherheitskritischen Daten beim Empfänger durchgeführt werden. Bei einem Verbindungsabbruch wird der Roboterarm in einen sicheren Zustand versetzt, was einen Stillstand bedeutet. Da in der Industrie Stillstandszeiten aber immer auch finanziellen Schaden bedeuten, müssen Verbindungsabbrüche oder auch die Verletzung von Zeitschranken durch zu hohe Verzögerung bei der Datenübertragung vermieden werden. Die 5G-Technologie ermöglicht diese zuverlässige und latenzarme Kommunikation, auch für sicherheitskritische Anwendungen. Zusätzlich wird das Handbediengerät mit einem UWB-System geortet. Es soll die in späteren 5G-Releases folgende präzise Lokalisierungsfunktion simulieren und erlaubt die Einrichtung von virtuellen Schutzkorridoren um den Roboter herum. Wird das Handbediengerät in einer kritischen Zone geortet, können Maßnahmen wie verlangsamte Bewegung oder auch kurzzeitiger Stillstand des Roboterarms veranlasst werden, um eine Gefährdung auszuschließen.
Die Datenbrille
Ein weiteres Anwendungsgebiet für den industriellen Einsatz von 5G ist die Assistenz von Servicepersonal mithilfe von Augmented Reality Brillen. Dabei werden dem Träger Informationen und Anweisungen etwa für Wartungsarbeiten, Montageschritte oder Maschinenzustände in das reale Kamerabild eingeblendet. Bei Kopfbewegungen muss sich dabei das angezeigte Bild mit minimaler Verzögerung synchron ändern, um dem Effekt der Motion Sickness vorzubeugen. Die Verarbeitung und Veränderung des Bildsignals der Kamera ist sehr rechenintensiv und für eine flüssige Wiedergabe zu komplex, um die Endgeräte klein, leicht und komfortabel zu halten. Wird die Bille jedoch über 5G in ein Netzwerk mit ausreichender Rechenkapazität eingebunden, können die Berechnungen wie Bilderkennung, Tracking und Overlay von leistungsfähigen Edge-Computern im Netzwerk mit geringer Verzögerung ausgeführt werden. Die Datenbrille selbst erhält dann einen verarbeiteten Datenstrom per 5G, der nur noch angezeigt werden muss. In diesem Projekt wird die verwendete Datenbrille wie auch das Handbediengerät mit dem UWB-System lokalisiert.
Projektmitglieder
Ansprechpartner
In Zusammenarbeit mit der
Projektbeirat
Gerd Wosien, Konstantin Belasik (BASF)
Klaus Stark (PILZ)
Thomas Bach (PFALZKOM)