Smarte Batchprozesse im Energiesystem der Zukunft
Mit 11 % des Strombedarfs gehört die Prozessindustrie zu den zentralen Verbrauchern elektrischer Energie in Deutschland. Für das Gelingen der Energiewende ist die Umstellung auf eine regenerative Stromversorgung daher von entscheidender Bedeutung. Während bisher der Strombedarf nachfrageorientiert gedeckt war, erfordert eine variable regenerative Stromversorgung eine flexible Anpassung der Prozesse an das Stromangebot. Dafür müssen grundlegend neue Methoden und Verfahren entwickelt und in der realen Anwendung erprobt werden.

Im Projekt wird ein besonderer Fokus dabei auf Batchprozesse und gleichstrombasierte Versorgungsnetze gelegt. Gleichstrombasierte Versorgungsnetze sind insbesondere für die Verknüpfung strombasierter Produktionsverfahren mit regenerativen Erzeugern und Speichern vorteilhaft. Batch- bzw. Chargenprozesse sind sowohl im Mittelstand als auch in Großunternehmen weit verbreitet und tragen damit maßgeblich zum Strombedarf bei. Im Gegensatz zu kontinuierlichen Prozessen sind Batchprozesse (englisch batch: „Stapel“) in Bezug auf eine Flexibilisierung noch weitgehend unerforscht. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass im Laufe eines Zyklus verschiedene Aggregate (Rührer, Pumpen, elektrische Heizungen, usw.) an- und abgefahren werden, um unterschiedliche Prozessschritte nacheinander durchzuführen.
In Demonstratoren werden batchbasierte Produktionsverfahren und gleichstrombasierte Versorgungsnetze im Labormaßstab aufgebaut und untersucht. Das Projekt wird durch einen Industriebeirat begleitet, um die Belange der Anwendungspraxis früh einzubeziehen.
Am LRF werden folgende Projekt-Teile bearbeitet:
- Demonstrator ChemPro: An diesem Demonstrator soll die Wasserelektrolyse mit einer Hydrierung gekoppelt werden. Der hierbei elektrolytisch erzeugte Wasserstoff soll dabei nicht als Energiespeicher dienen, sondern direkt in der chemischen Reaktion eingesetzt werden. Der Fokus des Demonstrators liegt auf der Entwicklung und Erprobung von Regelungsstrategien, um die Hydrierung auch bei begrenzter Leistungsverfügbarkeit der Elektrolyse ohne Einbußen bei Umsatz und Ausbeute betreiben zu können. Als Modellreaktion dient die Hydrierung von Zimtaldehyd zu Zimtalkohol. Zur Auslegung und Regelung der Prozessführung wird zunächst eine kinetische Studie dieser Reaktion durchgeführt. Aufbauend auf den gewonnenen kinetischen Daten erfolgt eine Sensitivitätsanalyse, um die entscheidenden Einflussgrößen auf die Reaktion zu identifizieren. Die Ergebnisse dieser Analyse bilden schließlich die Grundlage für die Entwicklung geeigneter Regelungsstrategien.
- Demonstrator AerBio: Dieser Demonstrator befasst sich als Beispielprozess mit der industriellen Herstellung von Citronensäure. Der Prozess zeichnet sich durch eine Vielzahl von in der Verfahrenstechnik weit verbreiteten Prozessschritten aus und eignet sich daher als Modellprozess zur breit gefächerten Untersuchung des Flexibilisierungspotenzials verschiedener Unit Operations: die Fermentation zur Herstellung von Citronensäure ist ein aerober Bioprozess, das Downstreaming umfasst Fällungen, Filtrationen, Chromatographien und Trocknungsprozesse. Im Rahmen dieser Untersuchung wird das wirtschaftliche Potenzial flexibler Batchprozesse analysiert. Zudem werden Verfahrenstechnische Fragestellungen, die sich aus der Flexibilisierung ergeben, adressiert und gelöst.
Das Projekt ist interdisziplinär ausgerichtet und umfasst Kooperationen mit einer Vielzahl von Lehrstühlen der RPTU:
- Bioverfahrenstechnik
- Mechanische Verfahrenstechnik
- Elektrotechnik
- Chemie
- Mess- und Regelungstechnik
- Produktionsplanung
Der Schwerpunkt der Forschung am LRF liegt auf
- Entwicklung von Flexibilisierungsstrategien im Hinblick auf Strompreise und Verfügbarkeit erneuerbarer Energien auf dem Strommarkt
- Simulationen zur Untersuchung flexibler Fahrweisen und/oder Kapazität von Batchprozessen in Aspen und Julia.
- Experimente zur Untersuchung des Einflusses flexibler Fahrweisen auf Produktivität, Selektivität und Produktqualität verschiedener Prozesse
- Ableitung von Modellen aus Experimenten für Simulationen von Prozessen im Industrie-Maßstab
Team
