Kurzbeschreibung des Forschungsvorhabens
1. Forschungsthema
„Klebtechnisches Verbinden von Hartstoffschneiden mit Schneideinsatzträgern für Hochleistungswerkzeuge“
"Tool Time"
2. Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung
Anlass für den Forschungsantrag
Zur Befestigung von PKD- und PCBN-Werkzeugen auf Ihre Träger wendet die gesamte Werkzeugbranche, mangels Alternativen, zurzeit Induktionslötverfahren an. Neben dem hohen Zeit- und Kostenaufwand ergeben sich aus dem angewendeten Verfahren weitere Nachteile. Zum einen erfordern die Werkzeuge bisher eine Hartlötverbindung, deren Schmelzpunkt im Bereich von 650 °C bis 680 °C liegt. Eine länger andauernde Erwärmung über 680 °C führt zur Grafitisierung des Diamantmaterials bzw. Zerstörung des CBN-Materials. Zum anderen kann es zu thermisch bedingten Materialspannungen und Haarrissbildungen, sowohl im Trägermaterial, als auch in den aufgesetzten Blanks kommen. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt der Arbeitsgruppe Werkstoff- und Oberflächentechnik Kaiserslautern (AWOK), dem Günter-Köhler-Institut für Fügetechnik und Werkstoffprüfung Jena und der Firma Gühring oHG in Albstadt sollen in diesem Forschungsvorhaben daher durch eine Kombination von Oberflächenvorbehandlungsverfahren vor dem Kleben und geeigneten Klebstoffen mit einer Optimierung des Schneidensitzes für die klebtechnische Fertigung das gesamte Fertigungssystem so abgestimmt werden, dass ein Verbund zwischen Hartstoffschneiden und Schneideinsatzträgern mit geringer Fügteilerwärmung, hoher Präzision bei der Herstellung, hohen Werkzeugstandzeiten im Einsatz, sowie ein kostengünstiger Austausch verschlissener Werkzeugschneiden möglich werden.
Stand der Forschung
Zur Herstellung von Hochleistungswerkzeugen werden Schneidstoffe mit Hochtemperaturfügeverfahren auf Werkzeugträger aufgebracht. Diese Werkzeuge sind extrem hart und Verschleißresistent und bieten gleichzeitig eine lange Standzeit bei hervorragenden Technologiewerten. Anwendungsbereiche für derart hergestellte Werkzeuge für die spanende Bearbeitung finden sich beispielsweise in der holzverarbeitenden Industrie, im Bauwesen und der Metallbearbeitung. Die Befestigung erfolgt heute überwiegend durch Induktionslötverfahren, aber auch durch manuelles Löten mit Flussmitteln, durch aufwändige Vakuumlötverfahren oder vereinzelt durch Widerstandsschweißen. Die Nachteile der genannten Löt- und Schweißverfahren sind der Verzug der Bauteile durch die Wärmeeinwirkung, die Beschränkung der Länge der Hartstoffelemente durch hohe Materialeigenspannungen während dem Abkühlvorgang und die hohen Kosten der Nachbearbeitung der Schneidengeometrie, die bei Hochleistungswerkzeugen mehrere Stunden dauern kann. Es besteht insbesondere beim Induktivlöten von PKD oder PCBN-Werkzeugen die Gefahr einer Überhitzung der aufzulötenden Materialien. Die Klebtechnik konnte sich bislang in diesem Bereich noch nicht behaupten, weil die mechanische und thermische Beanspruchbarkeit der Klebverbindungen zum Erreichen der geforderten Standzeiten nicht ausreichte. Durch Einsatz neuartiger Klebstoffe, die durch einen hohen Füllgrad mit mikro- und nanoskaligen keramischen Füllstoffen sowohl eine höhere Druckfestigkeit als auch eine verbesserte Wärmeleitfähigkeit besitzen, sollen eine hoch beanspruchbare Befestigung von Hartstoffschneiden realisiert werden, bei der die Zerspanungskräfte stoff- und formschlüssig aufgenommen werden und die Wärmeleitfähigkeit des Klebstoffs einer lokalen thermischen Überbeanspruchung entgegenwirkt. Der durch den hohen Füllgrad optimierte Härtungsschrumpf und das angepasste thermische Ausdehnungsverhalten sollen zudem eine präzise Fixierung der Schneidelemente über größere Längen und unter Vermeidung von Verzug ermöglichen.
In vorangegangenen Forschungsvorhaben wurde bereits Werkzeuge klebtechnisch mit Hartstoffschneiden ausgerüstet. Beispiele sind die hier genannten Sägeblätter mit geklebten Schneidsegmenten oder Reibahlen mit geklebten Hartmetallschneiden (Merkblatt MB 382, Das Kleben von Stahl und Edelstahl Rostfrei, Stahl-Informations-Zentrum (S. 22 (1998)). Ein weiteres Forschungsprojekt beschäftigte sich mit dem Herstellen von Zahnradhybridkonstruktionen aus Epoxidharzschaum und Stahl; dabei sollte die Übertragung hoher Leistungen in Kombination mit geräuscharmen Betrieb und Gewichtsreduktion realisiert werden. Aufgrund der isolierenden Wirkung der Klebschicht verbunden mit einer begrenzten thermischen Belastbarkeit der Klebstoffe waren die Einsatzmöglichkeiten dieser Technologie bislang begrenzt. Der Trend bei aktuellen Werkzeugen für die Hochleistungs-Metallbearbeitung ist jedoch durch hohe Bearbeitungsgeschwindigkeiten, komplexe Werkzeuggeometrien mit einer Vielzahl von Schneidelementen und Träger aus Leichtbauwerkstoffen zur Verringerung der rotierenden und translatorischen Massenträgheit geprägt. Hier stößt die klassische löttechnische und mechanische Werkzeugfertigung zunehmend an die Grenzen der Wirtschaftlichkeit und Machbarkeit. Durch den Einsatz neuartiger Klebstoffe sollen im Rahmen des skizzierten Forschungsvorhabens Hartstoffschneiden auf Träger aus Leichtbauwerkstoffen so montiert werden, dass die Zerspanungskräfte sowohl durch die hohe Druckfestigkeit als auch Scherfestigkeit der Klebstoffe übertragen werden können, und die thermische Belastung im Hartstoff und in der Klebschicht durch eine hohe Wärmeleitfähigkeit verringert wird. Der Innovationsgrad im Vergleich zu vorhergehenden Untersuchungen besteht in dem gezielten Einsatz von mikro- und nanoskaligen Füllstoffen sowie der klebtechnischen Funktionalisierung der zu verbindenden Oberflächen (Trägerwerkstoff /Hartstoff) durch Einsatz von plasmabasierten Vorbehandlungsverfahren.
3. Forschungsziel / Ergebnisse / Lösungsweg
3.1 Forschungsziel
Die Vorteile des Klebens im Vergleich zum Fügeverfahren Löten sind vor allem das Erreichen eines Stoffschlusses bei niedrigen Verarbeitungstemperaturen (Klebstoffaushärtung bei ca. 175°C) ohne temperaturbedingte Schädigungen der Fügepartner, ohne Verzug oder Gefügeumwandlungen und ohne die Erzeugung von thermischen Eigenspannungen im Werkstoffverbund. Klebeverbindungen bieten außerdem den Vorteil, dass gegenüber anderen Fügeverfahren ein geringerer fertigungstechnischer Aufwand notwendig ist (Ofentechnik). Zudem trägt die aufgebrachte Klebstoffschicht durch eine mechanische Dämpfung von einsatzbedingten stoßartigen Belastungen zur Erhöhung der Werkzeugstandzeit bei. Mit der Verbindungstechnik Kleben soll durch eine erhöhte Präzision beim Fügen Nacharbeit durch Verzug der Bauteile verringert werden. Durch einen geringeren Wärmeeintrag in die Bauteile werden Materialspannungen und Haarrissbildungen vermieden, deshalb sollen erhöhte Langlebigkeit und Standzeit der Werkzeuge erreicht werden. Das interdisziplinäre Team der Forschungsstellen und der Mitglieder im projektbegleitenden Ausschuss vereint Anlagenhersteller zur Beschichtung der Oberflächen vor dem Kleben, Werkzeughersteller (rotierende Zerspanung), Klebstoffhersteller und Forschungseinrichtungen aus dem Bereich Kleb- und Oberflächentechnik.
3.1.1 Angestrebte Forschungsergebnisse
wissenschaftlich-technische
Bei der Bearbeitung des geplanten Forschungsvorhabens kann auf bisher sowohl in der Arbeitsgruppe Werkstoff- und Oberflächentechnik Kaiserslautern, Fachgebiet Fügetechnik als auch im Günter-Köhler-Institut für Fügetechnik und Werkstoffprüfung sowie in der GFE Schmalkalden e.V. erfolgreich abgeschlossene Themen zur Klebtechnik bzw. Werkzeugtechnik aufgebaut werden. Des Weiteren wurden bereits Untersuchungen am IFW zum Einsatz von Hochtemperaturklebstoffen und Keramik-Metall-Klebverbindungen durchgeführt. In der GFE stehen hochqualifizierte Test- und Untersuchungsmethoden für Hochleistungszerspanungwerkzeuge zur Verfügung. Ergebnisse und Erfahrungen zur Durchführung mechanischer Festigkeitsprüfungen von Fügeverbindungen und die Oberflächencharakterisierung können ebenfalls in das beantragte Thema einfließen, da das erforderliche Know-how in genannten Institutionen vorhanden und sowohl für die Werkstoffprüfung als auch für andere Forschungsvorhaben ausreichend qualifiziert wurde.
3.2 Lösungsweg zur Erreichung des Forschungsziels
Methodischer Ansatz
Der methodische Ansatz sieht zunächst eine systematische Prüfung und Auswahl von Oberflächenvorbehandlungen und Klebstoffen vor, die den genannten Anforderungen wie ausreichende Wärmestandfestigkeit gegen die beim Zerspanungsvorgang auftretenden Temperaturen sowie die Beständigkeit gegen die verwendeten Medien wie Schneid- und Kühlmittel erfüllen. Des Weiteren müssen die beim Bearbeitungsvorgang auftretenden Kräfte am Werkzeug bzw. der Schneide ohne Verformungen des Klebstoffes in den Werkzeugschaft abgeleitet werden. Nach der Auswahl der geeigneten Substrate (Einsatz in herkömmlichen Werkzeugschneiden als auch Keramikwerkstoffen) müssen geeignete Klebstoffsysteme ausgewählt werden, welche zum Einen den hohen Einsatztemperaturen genügen als auch beständig gegen schädigende Einflüsse wie Schneid- und Kühlmittel sind. Des Weiteren sind für die Oberflächenvorbehandlung prozessintegrierbare physikalische Verfahren auszuwählen. Für die klebtechnische Konstruktion des Schneidensitzes müssen die im Einsatz auftretenden Beanspruchungen berechnet und die ausgewählten Klebstoffe hinsichtlich Ihrer mechanischen Eigenschaften untersucht bzw. modifiziert werden. Nach Untersuchungen zur klebtechnischen Vorbehandlung der zu fügenden Oberflächen werden Zug- und Druckscherversuche mit den geklebten Verbunden zur Ermittlung der mechanischen Eigenschaften durchgeführt. Auf Basis eines zu entwickelten Mess- und Prüfverfahrens soll die Ermittlung der dynamischen Kenngrößen, wie z.B. der dynamische Schneidenversatz unter Wirkung der Fliehkrafteinflüsse bei schnelldrehenden Werkzeugen bestimmt werden. Im Anschluss daran werden die geklebten Verbunde zur Beständigkeitsprüfung in schädigende Medien (Schneid- und Kühlmittel) ausgelagert. Parallel zu den bereits genannten Arbeiten wird der Scheidensitz für die klebtechnische Befestigung der Scheiden konzipiert. und mit den ermittelten Materialkennwerten aus den Zug- und Druckscherversuchen mittels FEM eine Simulation des Deformationsverhaltens und der Spannungsverteilung der Klebfugen durchgeführt, um die Klebfuge in Bezug auf den späteren Einsatz optimieren zu können. Bauteilversuche mit Demonstratoren bei der Firma Gühring oHG sowie in der Forschungsstelle GFE sollen eine Übertragung der Laborversuche in die Praxis zur Bestimmung der Lebensdauer, Standzeit und Belastbarkeitsgrenze ermöglichen. Konzepte zur Werkzeugreparatur und ein Benchmarking zu herkömmlichen Fertigungsverfahren schließen das Projekt ab.